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Aktuelles

Rat der EU: Verabschiedung eines europäischen Pakts für Forschung und Innovation sowie der ERA-Policy Agenda

03. Dez 2021

Die Forschungsminister/innen der EU-Mitgliedstaaten haben am 26. November 2021 einen "Pakt für Forschung und Innovation in Europa" (in Form einer nicht-rechtsverbindlichen Ratsempfehlung) verabschiedet. Dieser Pakt soll zu einer Neuausrichtung des Europäischen Forschungsraums (EFR), z.B. entlang den Herausforderungen des ökologischen und digitalen Wandels, beitragen sowie forschungs- und innovationsbezogene Investitionen und Reformen in den Mitgliedstaaten vorantreiben. Dazu enthält der Pakt:

  • eine Auflistung von forschungsrelevanten Werte und Prinzipien (z.B. Wissenschaftsfreiheit und Integrität, Exzellenzorientierung, Gleichheit der Geschlechter, Freizügigkeit von Forschenden und Erkenntnissen, Wertschöpfung und Impact von Forschungsergebnissen)
  • Prioritätsbereiche für freiwillige gemeinsame Maßnahmen der Mitgliedstaaten (u.a. zu Open Science, Forschungsinfrastrukturen, Forschungskarrieren, Wissensvalorisierung, digitaler und ökologischer Wandel, Einbeziehung von Bürger/innen, Investitionen und Reformen im Forschungs- und Innovationsbereich)
  • das (erneute) Bekenntnis der Mitgliedstaaten zum 3%-Ziel (als Anteil des BIP für Gesamtinvestitionen in Forschung und Entwicklung) sowie einen Verweis auf optionale zusätzliche Teilziele (z.B. BIP-Anteil der öffentlichen FuE-Investitionen bzw. Anteil der nationalen FuE-Mittel für gemeinsame Programme, Forschungsinfrastrukturen und Europäische Partnerschaften)

Zur weiteren Ausgestaltung des Europäischen Forschungsraums haben die EU-Mitgliedstaaten zudem (als Anhang der Ratsschlussfolgerungen zu einer neuen EFR-Governance) eine ERA-Policy Agenda (mit einer Laufzeit von 2022-2024) beschlossen. Diese Policy Agenda enthält 20 – teilweise bereits an anderer Stelle angekündigte – Maßnahmen, welche zu den im Pakt definierten Prioritätsbereichen beitragen sollen. Zu diesen Maßnahmen zählen u.a.:

  • Ermöglichung des offenen Wissensaustauschs und der Nachnutzung von Forschungsergebnissen (u.a. durch die Bereitstellung von Kernkomponenten und -diensten der EOSC)
  • Vorschlag für einen wissenschaftsadäquaten EU-Rechts- und Regelungsrahmen im Urheberrechts- und Datenbereich
  • Reform von Forschungsbewertungssystemen (u.a. durch eine Vereinbarung europäischer Wissenschaftsakteure über gemeinsame Standards, Prinzipien und Handlungsverpflichtungen)
  • Förderung attraktiver Forschungslaufbahnen sowie einer ausgeglichenen Mobilität von Talenten im EFR (u.a. durch einen europäischen Rahmen bzw. eine Beobachtungsstelle für Forschungslaufbahnen sowie die Überarbeitung von Charta und Kodex für Forschende)
  • Schutz der Wissenschaftsfreiheit in Europa (u.a. durch Unterstützung bei der Umsetzung der geplanten Leitlinien zu ausländischer Einflussnahme, Veröffentlichung eines ersten europäischen Monitoring-Berichts zur Wissenschaftsfreiheit)
  • Verbesserter Zugang zu Forschungsinfrastrukturen (u.a. durch eine Überarbeitung der entsprechenden Europäischen Charta)
  • Stärkung reziproker Wettbewerbsbedingungen in der internationalen Wissenschaftszusammenarbeit (u.a. durch Entwicklung einer europäischen Agenda für Wissenschaftsdiplomatie)
  • Unterstützung und Beschleunigung des digitalen und ökologischen Wandels (u.a. durch eine EFR-Pilotmaßnahme zu Forschung und Innovation im Bereich grüner Wasserstoff, Ausarbeitung von Roadmaps zu CO2-armen Technologien, für energieintensive Industrien und zu kreislauforientierten Industrietechnologien; Entwicklung eines Koordinierungsmechanismus zur Bereitstellung von technologischen Infrastrukturen)
  • Stärkung des europäischen Hochschulsektors (u.a. durch eine europäische Exzellenzinitiative und die Konsolidierung der Initiative „Europäische Hochschulen)
  • Maßnahmen im Bereich Wissenschaftskommunikation (u.a. Durchführbarkeitsstudie für ein EU-Netzwerk für Wissenschaftsjournalismus, Mechanismus zur politischen Koordinierung der Beteiligung von Bürger/innen im Wissenschaftsprozess)
  • Ausbau der strategischen Kapazität öffentlicher Forschungseinrichtungen in Europa (durch eine Initiative im Bereich Wissenschaftsmanagement)

Die Annahme des Pakts und der Ratsschlussfolgerungen zur EFR-Governance stellen den Abschluss eines 2020 begonnenen Diskussions- und Reformprozesses zum EFR dar. Anders als beim deutschen Pakt für Forschung und Innovation (PFI) ist für die Umsetzung des europäischen Paktes das freiwillige Engagement insbesondere der EU-Mitgliedstaaten entscheidend, die nun ihre Bereitschaft zur Mitwirkung an den einzelnen Maßnahmen der ERA-Policy Agenda äußern können. Die EU-Kommission soll zudem bis Mitte 2022 einen Überwachungs- und Bewertungsrahmen für die Verwirklichung des EFR vorlegen und die Umsetzung der ERA-Policy Agenda überprüfen.