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Forschungspolitischer Hintergrund

Die europäische Forschungs- und Innovationspolitik ist immer eingebettet in die Gesamtstrategien der aktuellen EU-Politik. Für Horizon Europe sind die Prioritäten der aktuellen Europäischen Kommission unter Leitung der Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen relevant:

  • Ein europäischer Grüner Deal: Erster klimaneutraler Kontinent werden

  • Eine Wirtschaft im Dienste der Menschen: Soziale Gerechtigkeit und Wohlstand

  • Ein Europa für das digitale Zeitalter: Aktive Teilhabe mit einer neuen Technologiegeneration

  • Förderung unserer europäischen Lebensweise: Schutz unserer Bürger und unserer Werte

  • Ein stärkeres Europa in der Welt: Festigung der verantwortungsvollen globalen Führungsrolle Europas

  • Neuer Schwung für die Demokratie in Europa: Förderung, Schutz und Stärkung unserer Demokratie

Insbesondere die Prioritäten des European Green Deal wie auch A Europe fit for the digital age (inkl. der Europäischen Industriestrategie) beeinflussen maßgeblich die Schwerpunkte und Themenstellungen der Säule II von Horizon Europe. Die Förderung von Forschung und Innovation insgesamt soll wiederum zum wirtschaftlichen Wachstum und der Schaffung von Arbeitsplätzen in der EU beitragen ("An economy that works for the people").

Der Europäische Forschungsraum

Neben den verschiedenen politischen Strategien der Europäischen Union ist das forschungspolitische Konzept des Europäischen Forschungsraums (EFR) seit dem Jahr 2000 maßgeblich für die Ausgestaltung der EU-Rahmenprogramme für Forschung und Innovation.

Der EFR ist ein zentrales Konzept der europäischen Forschungspolitik bzw. -förderung. Das EFR-Konzept beruht auf der Annahme, durch eine Vernetzung bzw. Koordination der einzelstaatlichen Wissenschaftssysteme untereinander sowie mit der EU-Ebene zu einem leistungsfähigeren europäischen Forschungs- und Innovationssystem beizutragen.

Wesentliche Instrumente zur Umsetzung des EFR-Konzepts sind einerseits auf der EU-Ebene die Rahmenprogramme für Forschung und Innovation sowie andererseits auf nationaler Ebene (bilaterale) Forschungs- und Förderkooperationen staatlicher und nichtstaatlicher Forschungs- und Innovationsakteure.

Erste Überlegungen zum EFR gab es bereits Anfang der 1970er Jahre, als insbesondere der damalige deutsche EU-Forschungskommissar Ralf Dahrendorf vorschlug, einen einheitlichen europäischen Wissensraum zu schaffen, in welchem sich die Grundprinzipien von Kooperation und Wettbewerb sinnvoll ergänzen sollten.

EU-forschungspolitisch sichtbar wurde das EFR-Konzept zunächst im Jahr 2000 mit der Mitteilung der EU-Kommission "Hin zu einem Europäischen Forschungsraum", in der u.a. eine stärkere Koordinierung von einzelstaatlichen Politikmaßnahmen in sieben Handlungsfeldern (z.B. hinsichtlich Forschungsinfrastrukturen sowie der Karriereentwicklung bzw. Mobilität von Forschenden) gefordert wurde.

EU-primärrechtlich verankert wurde der EFR mit dem 2009 in Kraft getretenen Vertrag von Lissabon. Der in diesem Zusammenhang neu geschaffene Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) sieht in Artikel 179 die Schaffung eines europäischen Raum der Forschung vor, in dem Freizügigkeit für Forschende herrscht und wissenschaftliche Erkenntnisse und Technologien frei ausgetauscht werden. Zur Verwirklichung des EFR sind grundsätzlich auch EU-Legislativmaßnahmen möglich (Art. 182 Abs. 5 AEUV). Insbesondere vor dem Hintergrund der geteilten Zuständigkeit zwischen der EU und den Mitgliedstaaten im Forschungsbereich sowie dem Subsidiaritätsprinzip wurde davon aber bislang noch nicht Gebrauch gemacht.

Die strategisch-politische Abstimmung zum EFR erfolgt insbesondere im Ausschuss für den Europäischen Raum für Forschung und Innovation (ERAC), einem gemeinsam von der EU-Kommission und den Mitgliedstaaten geleiteten Beratungsgremium. Zur Begleitung der Fortschritte im EFR-Prozess veröffentlicht die EU-Kommission zudem seit 2013 regelmäßige Fortschrittsberichte.

Weiterentwicklung des Europäischen Forschungsraums

In einer am 30. September 2020 veröffentlichten Mitteilung "Ein neuer EFR für Forschung und Innovation" definiert die EU-Kommission vier strategische Ziele zur Weiterentwicklung des EFR:

  • Priorisierung von Investitionen und Reformen (u.a. durch die Bekräftigung des geltenden 3%-Ziels sowie zusätzliche Investitionsziele der Mitgliedstaaten im Forschungsbereich)

  • Verbesserung des Zugangs zu wissenschaftlicher Exzellenz (u.a. durch die Verzahnung zwischen Forschungs- und Kohäsionsförderung)

  • Stärkere Umsetzung von Forschungs- und Innovationsergebnissen in der Wirtschaft (u.a. durch Leitlinien zur effektiveren Verwertung von geistigen Eigentumsrechten)

  • Vertiefung des EFR (auf der Grundlage der bestehenden EFR-Prioritäten: effektivere nationale Forschungssysteme, optimale länderübergreifende Zusammenarbeit, offener Arbeitsmarkt für Forschende, Gleichstellung der Geschlechter, optimaler Zugang zu bzw. Transfer von wissenschaftlichen Erkenntnissen, internationale Zusammenarbeit)

Zur Umsetzung dieser Ziele schlägt die EU-Kommission u.a. eine Roadmap mit 14 Einzelmaßnahmen sowie einen von den EU-Mitgliedstaaten anzunehmenden Pakt für Forschung und Innovation (zur Bekräftigung der gemeinsamen Werte und Prinzipien des EFR) vor. Mit diesem Pakt sowie einem neu zu etablierenden EFR-Übergangsforum (zusätzlich zu ERAC) soll insbesondere die Governance bzw. das Monitoring des EFR gestärkt werden.